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20. Dez 2022 Martin Rossol News, Recht & Politik, Medizin & Wissenschaft

Contergan: Der Skandal und die tragischen Folgen

Im Oktober 2022 jährte sich die Gründung der Conterganstiftung zum fünfzigsten Mal. Die Stiftung wurde ins Leben gerufen, nachdem etwa 10.000 Kinder durch das Medikament im Mutterleib geschädigt und mit schweren Missbildungen zur Welt gekommen sind. Viele Kinder wurden tot geboren.


Christian Stürmer, Bundesvorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland, erläutert: "Anstatt die Firma Grünenthal, welche das Contergan hergestellt und vertrieben hat, hinsichtlich des angerichteten Schadens wenigstens zu einem Teil dauerhaft zu verpflichten, hat man das Gegenteil gemacht und die Firma Grünenthal und deren Eigentümer von allen Pflichten entbunden. Der Staat hat jetzt die alleinige Verantwortung übernommen."

Anstelle aber einen adäquaten Ausgleich zu gewähren, wurden die monatlichen Renten im Jahr 1972 in der Höchststufe lediglich auf 450 DM festgesetzt. Bis zum Jahr 2008 stiegen diese nur minimal auf Maximalrenten von monatlich 545 Euro an - für Leute ohne Arme und ohne Beine. "Das bedeutet eine jahrzehntelange Unterversorgung", sagt Stürmer. "Die Geschädigten wurden mit einem Butterbrot zu den Sozialkassen geschickt. Vielen Geschädigten ging es jahrzehntelang finanziell wirklich schlecht."

Diese Minirenten seien dann zwar im Jahr 2008 verdoppelt worden, der eigentliche Paradigmenwechsel kam jedoch erst etliche Jahre später: "Der Deutsche Bundestag setzte 2013 endlich Renten fest, womit die schwergeschädigten Conterganbetroffenen ein selbstbestimmtes Leben zu führen in der Lage sind." Da seien die Geschädigten aber bereits über 50 Jahre alt gewesen.

Der Contergan-Skandal war ein aufsehenerregender Arzneimittelskandal und wurde 1961 aufgedeckt. Das millionenfach verkaufte Beruhigungsmittel Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt, konnte bei einer Einnahme in der frühen Schwangerschaft fatale Schädigungen in der Entwicklung des Embryos hervorrufen.



Contergan half unter anderem auch gegen die morgendliche Schwangerschaftsübelkeit und galt hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils als besonders sicher. Bis Ende der 1950er Jahre wurde es gezielt als rezeptfreies Beruhigungsmittel in der Schwangerschaft empfohlen. Heute startet der Wirkstoff seine zweite Karriere: Auf Grund seiner entzündungshemmenden und tumorwachstumshemmenden Wirkung wird Thalidomid bei bestimmten Indikationen wieder zur medikamentösem Therapie eingesetzt. (Foto: Marncom)